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Mariola  (Nr. 2 im Buch)

Unerwartetes Wiedersehen

 

„Dat Moor

-De Borrn bewegt sik op un dal,

as gungst du langs en böken Bahl,

dat Water schülpert inne Graff,

de Grasnarv bewert op un af,

dat geit hendal, dat geit tohöch

so lisen as en Kinnerweeg.

-Dat Moor is bruun, de Heid is bruun,

dat Wullgras schint so witt as Duun,

so week as Sid, so rein as Snee:

den Hadbar reckt dat bet ans Knee.

-Hier hüppt de Pock int Reet hentlank,

un singt uns abends sin Gesang;

de Voß de bruut, de Wachtel röppt,

de ganze Welt is still un slöppt.

-Du hörst din Schritt ni, wenn du geist,

du hörst de Rüschen, wenn du steist,

dat levt un wevt int ganze Feld,

as weert bi Nacht en anner Welt.

-Denn ward dat Moor so wit un grot,

denn ward de Minsch so lütt to Mot:

wull weet, wa lang he doer de Heid

noch frisch un kräfti geit!“                Klaus Groth

 

Er war nun schon ziemlich alt geworden. Das wurde ihm schmerzlich bewusst, als er sich zittrig und ungeschickt durch das lichte Gesträuch kämpfte. In dem abgenutzten, alten Mantel war das ja nicht weiter schlimm, doch musste er schließlich hier bei jedem Schritt darauf achten, den Boden unter den Füßen nicht zu verlieren.

Früher einmal hatte er sich hier ausgekannt wie in seiner Westentasche. Was war es damals für ein Spaß gewesen, hier im gefährlichsten Gebiet des Moores vom vorgeschriebenen Wege abzuweichen! Wie oft und oft hatte die Mutter händeringend vor den Tücken solcher Abwege vergeblich gewarnt. Er hatte sich dennoch nach jeder glücklichen Exkursion ins verbotene Gebiet gefühlt wie ein Triumphator, als hätte er sie damit von seiner Kraft überzeugt.

 

„Außer Mariola und mir wurde keines der anderen Kinder des Dorfes so sehr von diesem Sog beherrscht. Meist zogen wir zusammen aus... Wie war das schön gewesen, damals! Stets war da diese dunkle Gegenwart der tödlichen Gefahr gewesen. Man konnte sie fast körperlich spüren, wie einen Schatten. Unsichtbar wartete sie auf uns und wir wussten darum. Sie zog uns an gerade dadurch. Wie ein lauerndes Raubtier sah sie ihrer Zeit entgegen.

Es war so wunderschön gewesen mit Mariola. Ich hatte oft und oft von ihr geträumt. Sie war so anders als die anderen Alle. Ständig lief sie barfuss und keiner durfte es ihrer Mutter verraten. Stets war sie vor mir im Moor, denn dort kannte sie sich aus, besser noch als ich. Kein Zweiglein knickte unter Mariolas nackten Füßen. Unhörbar leicht tanzte sie fast durch diese Wildnis und war dabei so voll unsagbarer Anmut!

Ach, könnte ich sie doch nur noch einmal wieder sehen, noch einmal erleben wie damals!! Fast jedes Blatt erinnert mich an sie und doch ist es schon so unendlich lange her, dass sie verschwand... Mariola werde ich wohl niemals vergessen.“

Zusammen hatten sie hier oft an Plätzen wie diesen gesessen. Er hatte auf der alten Gitarre gespielt, sie hatten gesungen gemeinsam, Mariola hatte ihm diese schöne Zigeuner-Gitarre geschenkt und hatte ihn auch gelehrt darauf zu spielen.

Unwillkürlich zeichnete Hans-Joachim ihr geheimes Handzeichen in die Luft. Das hatten sie damals füreinander gebraucht, wenn sie in der erhabenen Stille des Moores einander begrüßen wollten. Ihm war jetzt so still zumute als stünde sie wie früher lautlos neben ihm, ohne dass er es noch bemerkt hätte...

 

Da plötzlich trat sie mitten aus einem schon halb versunkenen, blühenden Holunderbusch ohne, dass dieser auch nur ein Blatt regte. Hans war sich sicher, durch sie hindurch greifen zu können. Aber ebenso klar war ihm auch, dass sie wirklich war. So etwas Abstraktes würde er niemals träumen.

Mariola sah noch bis in jede Einzelheit so aus wie damals mit 17 Jahren, als sie verschwunden war. Etwas zierlicher vielleicht, doch die goldbraunen, vollen Locken umrahmten noch immer sanft gewellt ihr Mädchengesicht und fielen schwer nach hinten den Rücken hinunter. Sie trug ein schlichtes, langes Kleid in der rostigen Farbe reifer Kastanien, das ihrer Schönheit schmeichelte.

- mehr erzähle ich später...  - damit doch etwas Spannung bleibt... ;-)

Die nächste Probe ist neueren Datums und präsentiert Tatsachen.

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